Bernhard Weßling: Was für ein Zufall!

Bernhard Weßling ist Chemiker und Unternehmer, doch ich bin ihm als Autor des großartigen Buchs „Der Ruf der Kraniche“ das erste Mal begegnet. Denn nebenberuflich ist er Kranichforscher. Schon damals hat er mich mit seinen vielseitigen Interessen überrascht, so war ich sehr gespannt auf sein neustes Werk. Dieses heißt „Was für ein Zufall“ und der Autor erforscht darin – bei diesem Titel wenig erstaunlich – das Wesen des Zufalls. Dieses Thema scheint auf den ersten Blick wenig mit seinem eigentlichen Beruf zu tun zu haben, doch gerade das stellt hier Bernhard Weßling unter Beweis, dass er nämlich eben durch seine Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie eine Erklärung für die Allgegenwart von Zufällen gefunden hat.

Es klingt für mich und wahrscheinlich auf für andere Laien erst mal kompliziert, von Thermodynamik und Gleichgewicht und vor allem Nicht-Gleichgewicht zu hören, doch da beruhigt uns der Autor ganz schnell (und tut das immer wieder im Laufe seiner tatsächlich einleuchtenden Erklärungen).

Aber keine Bange, ich werde es so erklären, dass es wirklich leicht und praktisch zu begreifen ist.

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Auch wenn man wie ich, von Chemie und Physik wirklich wenig versteht, kann man ihm gut folgen – wie er zum Beispiel erklärt was Entropie bedeutet, großartig, so etwas wünscht man sich eigentlich von den Lehrern in der Schule.

Der Autor nimmt uns eine Reise in seine eigene Vergangenheit mit, die über etliche Zufälle zu dem Punkt in seinem Leben geführt hat, an dem er heute ist – obwohl das ursprünglich in der Form nicht zu vermuten gewesen wäre. Nur durch Zufälle ist er nach seinem Chemie-Studium und einem Abstecher bei einem Ingenieur-Beratungsunternehmen schließlich in einem Chemie-Unternehmen gelandet, wo weitere Zufälle ihn für 13 Jahre nach China geführt haben.

Die Zufälle seines eigenen Lebenswegs erinnern auch den Leser daran, das man im eigenen Leben wahrlich wenig so geplant hat, wie es dann gekommen ist. Ich zum Beispiel habe vor 7 Jahren und 4 Monaten noch nicht gewusst, dass ich nur vier Monate später in Deutschland leben würde – an die vielen Zufälle, die mich schließlich hierher geführt haben, muss ich oft denken.

Während meiner Lektüre sah ich mich immer mehr überwältigt davon, was alles in der Welt dem Zufall zu verdanken ist. Es ist, als wäre alles nur Zufällen zu verdanken – was tatsächlich etwas beunruhigend wirkt. Immerhin gibt uns der Autor einerseits einige Beispiele, die, auch wenn man es annehmen würde, keine Zufälle sind. So lässt es sich zum Beispiel berechnen, wo die Kugel einer Roulette landen wird, somit ist dies kein Zufall. Andererseits ändert sich dadurch, dass wir nun wissen, dass wir in einer Welt leben, die auf Zufällen basiert und ihre Existenz in dieser Form auch Zufällen verdankt, letztendlich gar nichts. Wir bekommen eine Erklärung für vieles in dieser Welt, doch das gibt uns nur ein Verständnis für sie und macht sie nicht unsicherer, als sie eh schon gewesen ist.

Der Zufall regiert die Welt. Wir alle und die gesamt Welt in der wir leben, sind Spielbälle der ständig stattfindenden Zufälle.

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Doch was genau ist ein Zufall? In diesem Buch befasst sich Bernhard Weßling mit sogenannten essenziellen Zufällen. In diesem Sinne spricht man von einem Zufall, wenn es viele Handlungsalternativen gibt und die Entscheidung für eine von ihnen durch Kleinigkeiten getroffen wird.

Wie oben gesagt, führte der Weg des Autors über Zufälle zu einem Punkt in seinem Leben, an dem er, als Teil seiner Forschungstätigkeit auf das Thema der der Nicht-Gleichewichtsthermodynamik stieß. Diese Arbeit führte dazu, dass er einen Zusammenhang zwischen den beiden Themen Zufall und Nicht-Gleichgewicht entdeckte. Um diesen Zusammenhang geht es in diesem Buch, und am Ende dann auch um so viel mehr. Über persönliche Geschichten kommen wir zu Themen wie die Entdeckung des Covid-19 Impfstoffs (ja, auch ein Zufall), Entropie, Schneeflocken, Urknall, das Wesen der Zeit und viele andere – und wir erfahren sogar, was das alles mit Mayonnaise zu tun hat.

Zufall ist ein komplexes Thema, das lässt sich nicht bestreiten. Doch Bernhard Weßling schafft es, unterhaltsam darüber zu erzählen und dabei unseren Blick auf die Welt um uns herum ein wenig zu ändern.


Diverses

Der erste Satz:

„Wie konnte denn das nur wieder passieren?“

Impressum:

Autor: Bernhard Weßling
Titel: Was für ein Zufall! Über Unvorhersehbarkeit, Komplexität und das Wesen der Zeit
Seitenzahl: XIX, 240
Verlag: Springer Vieweg
Erschienen: 2022
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

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