Durian Sukegawa: Die Katzen von Shinjuku

Durian Sukegawa Die Katzen von Shinjuku

Mich beherrschte ein ständiges Gefühl der Entfremdung gegenüber den anderen, als wäre ich ein Alien.

Seite 49

Yama muss während seiner Studienjahre leidlich feststellen, dass aus seinem Traum, beim Fernsehen zu arbeiten, nichts wird. Denn er ist farbenblind und als solcher wird er nicht einmal zu Bewerbungsgesprächen vorgelassen. Für den schüchternen jungen Mann bricht eine Welt zusammen. Er versucht zwar auf einem anderen Gebiet Erfolg zu finden, doch er fühlt sich überall fremd und er wirkt auch fremd. Bald lebt er von komischen Nebenjobs und verbringt seine Abende in Kneipen. Als ein bekannter Fernsehautor als Mentor in sein Leben tritt, scheint sich alles zu ändern, doch glücklich ist er nicht und der Alkohol bleibt seine Zuflucht. Eines abends kommt er in eine Kneipe, die er zuvor nicht gekannt hat. Hier wird er nicht nur auf ein Wettspiel aufmerksam, das etwas mit Katzen zu tun hat, auch die schweigsame Köchin, Yuma erweckt seine Neugier.

Die Kneipe befindet sich in Shinjuku (Tokyo), in einem Golden Gai genannten Viertel. Zur Zeit der Geschichte, Anfang der 90er Jahre, ist diese Gegend noch keine Touristenattraktion, die verlassenen Gebäude, darunter viele sogenannte Love Hotels sind nicht gerade einladend. Doch wie heute (hier einige Tipps für heutige Touristen) war das Viertel auch damals schon voll mit Bars und Kneipen, in denen man lange Stunden verbringen konnte. Nicht nur die Gassen, auch die Bars sind beengt, so auch die Karinka, in die sich Yama verirrt. Die Bar besteht aus einer langen Theke, und man muss sich an den anderen Gästen vorbeiquetschen, wenn man zu einem hinteren Stuhl will. Ein kleines Fenster führt zu einem Innenhof und dieser gibt Anlass zu einem besonderen Spiel, dem „Miau-Jongg“. Mehr will ich darüber an dieser Stelle nicht verraten, mir hat es viel Spaß gemacht, dieses Spiel im Buch kennenzulernen. Jedenfalls hat es, wie der Name verrät, etwas mit Katzen zu tun.

Und Katzen bringen letztendlich Yama und Yuma zusammen. Zwischen den beiden entsteht eine leise Beziehung, eine zarte Freundschaft, die sich auch zu mehr entwickeln könnte. Beide Menschen fühlen sich in ihrem eigenen Leben verloren, wollen einander aber helfen. Doch das Schicksal will es anders.

„Mit Katzen fühle ich mich wohler als mit Menschen.“

Das konnte ich gut nachvollziehen.

Seite 110

Das Buch von Durian Sukegawa hat eine lyrische, feine Sprache und auch wenn die Geschichte keine sehr glückliche ist, bereitet es eine Freude, den Roman zu lesen. Yama wächst einem schnell ans Herz und man leidet und freut sich mit ihm. Und was wie eine schöne Liebesgeschichte anfängt, wird zum Ende hin zu so viel mehr. Bis jetzt kannte ich aus der japanischen Literatur nur Haruki Murakami und wusste nicht so recht, was ich von diesem Buch erwarten sollte. Die Katzenliebe ist auch bei Murakami allgegenwärtig, aber viel mehr verbindet die beiden Autoren nicht. „Die Katzen von Shinjuku“ könnte zwar an vielen Stellen in eine Fantasiewelt rutschen (Murakami hätte sicher viele Ideen), tut es aber nicht. Als am Ende auch noch eine Zeichnung als Foto eingefügt auftaucht, die im Buch eine große Rolle spielt, erscheint die ganze Geschichte noch realer, als zuvor. Und das tut diesem Buch richtig gut. Es ist eine bemerkenswerte, schöne Lektüre.


Diverses

Herzlichen Dank an dieser Stelle an den Dumont Verlag für das Rezensionsexemplar.

Der erste Satz:

Wie soll ich anfangen, davon zu erzählen, was sich in jenen Tagen zugetragen hat?

Impressum:

Autor: Durian Sukegawa
Titel: Die Katzen von Shinjuku
Aus dem Japanischen: Sabine Mangold
Seitenzahl: 272
Verlag: Dumont
Erschienen: 2021
© Dumont Verlag

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